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Büchner-Werkstatt

Szenische Studien

Die BüchnerBühne bietet in dieser Veranstaltungsreihe szenische Studien zu wiederkehrenden Themen in Georg Büchners Leben und Werk an. Ausgehend von Schlüsselmomenten seiner Texte und Briefe untersuchen wir auf der Bühne mögliche Verbindungslinien, die auf zeigenössische Fragen in der Gegenwart verweisen.


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Music of-Afghanistan

"Es darf ja alles leben. Alles!"

Samstag, 17.02. um 19:30 Uhr

Lenz & Lucile: Der Dichter, die Witwe und die Suche nach dem Mitgefühl in einer Welt ohne Gott.

Den verzweifelten Mann aus der gleichnamigen Erzählung und die junge Frau aus dem Revolutionsdrama „Dantons Tod“ verbindet eine tiefgefühlte Verlorenheit: Gott & die Welt erscheinen gleichgültig dem Leiden gegenüber …

"Es darf ja alles leben, alles, die kleine Mücke da, der Vogel. Warum denn er nicht? Der Strom des Lebens müßte stocken, wenn nur der eine Tropfen verschüttet würde. Die Erde müßte eine Wunde bekommen von dem Streich.
Es regt sich alles, die Uhren gehen, die Glocken schlagen, die Leute laufen, das Wasser rinnt, und so alles weiter bis da, dahin - nein, es darf nicht geschehen, nein, ich will mich auf den Boden setzen und schreien, daß erschrocken alles stehn bleibt, alles stockt, sich nichts mehr regt. (Sie setzt sich nieder, verhüllt sich die Augen und stößt einen Schrei aus) Das hilft nichts, da ist noch alles wie sonst; die Häuser, die Gasse, der Wind geht, die Wolken ziehen. - Wir müssen's wohl leiden.“

Der Dichter Lenz hat wohl ähnliche Schicksale vor Augen, als er dem hilflosen Pfarrer Oberlin sagt: „Sehen Sie, Herr Pfarrer, wenn ich Macht hätte: Ich könnte das Leiden nicht ertragen. Ich würde retten. RETTEN"

Woher nur könnten Trost oder Hoffnung kommen? Wir untersuchen in szenischen Studien mögliche Spuren in beiden Texten.

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Büchner & die Langeweile

Freitag, 12.05. um 19:30 Uhr

"Was die Leute nicht alles aus Langeweile treiben! Sie studieren aus Langeweile, sie beten aus Langeweile, sie verlieben, verheiraten und vermehren sich aus Langeweile und sterben endlich an der Langeweile.“

Ein Mensch, dessen Leben ohne Sinn ist, kommt vor Langeweile um.

Prinz Leonce aus dem Lustspiel "Leonce und Lena" (1836) könnte ein Lied davon singen – doch selbst dies ist ihm der Mühe nicht wert …

Der Geliebten gesteht er galant, er liebe sie wie seine Langeweile: „Ihr seid eins.“

Wir fragen uns: Wie konnte dieser junge Mann die Langeweile zu einem Hauptmotiv seines Werkes machen? Der Prinz, der Revolutionsführer Danton, der Dichter Lenz - all diese Büchner-Figuren sprechen wiederholt von einer Leere, die sie nicht mit einem persönlichen Sinn füllen können ...

Wie kann einer, der nur drei Jahre Zeit hatte für sein Werk und die Revolution, seine Figuren an Langeweile ersticken lassen?

In szenischen Studien aus Büchners Bühnenwerk begeben wir uns auf die Suche nach Momenten gemeinschaftlicher Hoffnung. Denn Bewegung hat noch keinem geschadet – schon gar nicht unserem trägen Prinzen Leonce:

„Ich habe noch eine gewisse Dosis Enthusiasmus zu verbrauchen; aber wenn ich Alles recht warm gekocht habe, so brauche ich eine unendliche Zeit um einen Löffel zu finden.“

Suchen wir doch gemeinsam.

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Büchner & das Lachen

Samstag, 07.10. um 19:30 Uhr

Was verbinden Sie mit Georg Büchner? Eine Schullektüre von Woyzeck? Den gescheiterten Versuch, mit dem Hessischen Landboten einen Aufstand für die Freiheit zu entfachen?

Wer von Büchner gehört hat, wird wohl zunächst eher nicht an Humor denken ... Aber der junge Mann besaß ihn reichlich. Ja: Georg Büchner war witzig!

Sein Witz war ebenso wie seine politische Radikalität ein Frontalangriff auf Herrschaftsverhältnisse und biedermeierliche Gemütlichkeitt. Er schätzte den gesellschaftskritischen Humor Jean Pauls wie die satirische Eleganz der französischen Aufklärer. Im Universum Shakespeares lebte er ohnehin seit seiner Jugend.

Verglichen mit seinem Zeitgenossen Heine, ist Büchners Witz abgründiger, bösartiger und morbider – aber nicht weniger spielfreudig.

Schon im Drama "Dantons Tod" entlarvt er satirisch die Ideologien der Revolutionäre, wenn deren rhetorische Höhenflüge mit der Wirklichkeit konfrontiert werden.
In allen seinen Stücken zeigt Büchner die Komödie, die wir Realität nennen, und lenkt unseren Blick auf die lächerlichen Unterschied von Schein und Sein in einer entfremdeten Welt.

"Leonce und Lena" ist nicht nur die einzige Komödie Büchners, sondern auch eine der wenigen Komödien in deutscher Sprache überhaupt, bei der das Lachen die Realität nicht ausschließt, sondern uns sogar besser verstehen und ertragen lässt ...

Georg Büchner besaß bei aller politischen Klarheit Humor, Menschlichkeit und die Fähigkeit zur Selbstironie - bei den meisten Revolutionären eher selten zu finden. Gerade weil er sich bewusst war, dass nicht einzelne Unterdrücker, sondern das System der Unterdrückung zu bekämpfen war, findet man kaum eine persönliche Attacke in seinen Schriften. Und weil er wusste, dass er auch selbst als Bürger unvermeidlich in ein System von Ausbeutung verstrickt war, bezog er sich immer auch selbst in die eigene Kritik mit ein.

Es gibt eben kein richtiges Leben im falschen. Aber deswegen muss einem ja nicht gleich das Lachen vergehen ...

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Büchner & die Kreatur

Samstag, 18.11. um 19:30 Uhr

Der Büchner-Preis-Träger Paul Celan hatte den Namensgeber dieses wichtigsten deutschen Literaturpreises in seiner Dankesrede 1960 einst den „Dichter der Kreatur“ genannt hat.

In Büchners Werk ist die bedingungslose Liebe zur Kreatur (mit all ihren Abgründen) tatsächlich die einzige Kraft gegen eine tiefempfundene tödliche Leere, die seine Protagonisten verbindet.

"Meine Herren, meine Herren! Sehn Sie die Kreatur, wie sie Gott gemacht: nix, gar nix. Sehn Sie jetzt die Kunst: geht aufrecht, hat Rock und Hosen, hat ein´ Säbel! Der Aff ist Soldat; s´ ist noch nicht viel, unterste Stuf von menschliche Geschlecht" ...

Wenn der Marktschreier Kunststücke dressierter Tiere anpreist, fühlt sich Woyzeck eher zu ihnen hingezogen, als zu der herumstehenden Menschenmenge.

Camille Demoulins bittet in "Dantons Tod" die Mitgefangenen kurz vor dem Schafott, einen letzten, versöhnlichen Blick auf sich selbst zu richten:

"Nimmt man die Masken ab,
sieht man überall nur den einen, unverwüstlichen Schafskopf;
nicht mehr, nicht weniger.
Die Unterschiede sind so groß nicht,
wir alle sind Schurken und Engel,
Dummköpfe und Genies -
und zwar alles in einem" ...


Der an sich selbst und den Menschen verzweifelte Dichter Lenz sucht schließlich Trost im Mikrokosmos der Natur:

"Die einfachste, reinste Natur hängt am nächsten mit der elementarischen zusammen; je feiner der Mensch geistig fühlt und lebt, um so abgestumpfter wird dieser elementarische Sinn ... es muss ein unendliches Wonnegefühl sein, so von dem eigentümlichen Leben jeder Form berührt zu werden, für Gesteine, Metalle, Wasser und Pflanzen eine Seele zu haben, so traumartig jedes Wesen in der Natur in sich aufzunehmen."

Für alles Lebendige eine emphatische, zugewandte "Seele" zu haben - diese Vorstellung zieht sich wie ein roter Faden durch Büchners Schriften. Wir knüpfen Verbindungslinien und stellen sie in Spielsituationen vor.

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