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Die Wunderübung

Daniel Glattauer

ER und SIE haben sich entschieden. Joana und Valentin. Sie gehen zur Paartherapie. Zwischen ihnen funktioniert gar nichts mehr. Außer dass sie sich einig sind, getrennte Wege zu gehen.

Der Therapeut sieht sofort: das ist ein Paar im fortgeschrittenen Kampfstadium, alles läuft gegeneinander. Nur in der Polemik sind sie ein perfekt eingespieltes Team und bleiben einander nichts schuldig. Dabei hat ihre Geschichte einst so schön angefangen. Liebe auf den ersten Blick. Unter Wasser. Damals in Ägypten, als sie sich beim Tauchen kennengelernt haben. Valentin hat Joana imponiert, weil er jeden Fisch genau benennen konnte. Außerdem war er der einzige, der im Neopren-Anzug sexy ausgesehen hat. Und ihm ist bei ihrem Anblick auch gleich die Luft weggeblieben.

Alles vorbei. Nach vierzehn Ehejahren hat man sich auseinandergelebt. Wo ist das alles hingekommen? Die großen Gefühle?

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"Eines würde mich schon interessieren: Warum trennen Sie sich eigentlich nicht?" Der Therapeut diagnostiziert eine derart akute Spannung zwischen seinen Klienten, dass er sofort zu einer ganz speziellen Maßnahme greift: DIE WUNDERÜBUNG: ER und SIE mögen sich das Wunder vorstellen, sie wachten auf, und die Welt sei wieder in Ordnung. Was löst das aus?

Abgesehen von einem kurz aufflackernden Lichtlein in der ehelichen Schattenwelt nicht viel. Im Gegenteil, die fiktive Vorstellung vom zurückgekehrten Glück macht die Klüfte noch deutlicher. Die Positionen verhärten sich. Auch der Rollentausch zeigt keine Wirkung: Jeder soll in die Rolle des anderen schlüpfen: ER spricht mit ihr als SIE, und SIE spricht mit ihm als ER. Die ideale Möglichkeit, kräftig auszuteilen und den jeweils anderen mit SEINEN und IHREN Worten zum Monster zu erklären.

Auch die berühmte Faustübung führt zu nichts. Sind Joana und Valentin wirklich so ein hoffnungsloses Paar? Oder keimen da nicht zwischen bissigen Verbalattacken zarte Pflänzlein der vielleicht nicht gänzlich verlorenen Liebe auf?

Der schwergebeutelte Therapeut wittert eine Chance. Aber ein Schritt vor bedeutet bei diesen Härtefällen zwei Schritte zurück. Nach einer kurzen Verschnaufpause geht die Sitzung weiter. Doch der Therapeut ist nach einem Anruf plötzlich ganz verstört…

Presse

Besetzung

Mélanie Linzer
Oliver Kai Müller
Christian Suhr

Inszenierung: Christian Suhr

Spieldauer: 90 Minuten (eine Pause)

DARMSTÄDTER ECHO 25.11.2018 von Anke Mosch

Viel Beifall für die Büchnerbühne

Die Büchnerbühne präsentierte am Freitag in Leeheim die Premiere der Komödie "Die Wunderübung". Das Publikum feierte die Aufführung.

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LEEHEIM - Das Wartezimmer eines Zahnarztes könnte eine ähnliche Atmosphäre nervöser Ich-Bezogenheit ausstrahlen: Ein Mann prüft geräuschvoll Lippenmuskulatur und Zahnzwischenräume, wenn er nicht mit Handy und Uhr rumspielt. Zwei Stühle weiter knetet eine Frau ihre Hände, sie starrt ins Leere und verstohlen auch schon mal zu diesem anderen angespannten Wesen.
Gemeinsamkeit schafft die gleiche Gefühlslage dennoch nicht - das wird schon klar, während die Besucher der ausverkauften Premiere am Freitag im Theatersaal der Büchnerbühne in Leeheim noch ihre Plätze einnehmen. Zähne werden zwar nicht gebohrt, trotzdem liegen die Nerven auf der Bühne blank. Denn wer da schließlich gegenüber dem so weit voneinander sitzenden Paar Platz nimmt, wird zwar "Herr Doktor" genannt, ist aber nicht Zahnarzt, sondern Therapeut.

Der Wiener Autor Daniel Glattauer versteht es, Paare in pointierten Dialogen kommunizieren zu lassen. In seinem Theaterstück "Die Wunderübung" haben Joana und Valentin Dorek sich in 17 Ehejahren und mit zwei pubertierenden Kindern gründlich auseinandergelebt. Sie werden die Paartherapie für eine wortgewaltige Abrechnung mit dem Partner nutzen, da kann der Therapeut zu Beginn noch so sehr darauf hinweisen, dass er kein Schiedsrichter ist.

Eine Steilvorlage für Mélanie Linzer und Oliver Kai Müller, die mit Wonne ihre präzisen Wort-, Mimik- und Gestik-Hiebe setzen. "Kompliment, in der Polemik sind Sie ein eingespieltes Team. Sie haben eine außergewöhnlich lebendige Streitkultur auf hohem Niveau", stellt irgendwann auch der Beziehungsberater mit professionell positiver Wortwahl und doch leichter Erschöpfung fest. Büchnerbühnenleiter Christian Suhr, der die Komödie inszeniert hat, spielt diesen Therapeuten, dem die Sitzung immer wieder zu entgleiten droht. "Rollenspiel! Rollenspiel", wirft er verzagt ein, während Herr und Frau Dorek unbeirrt weiter zanken.
Doch es gibt auch Lichtblicke in dieser komödiantischen Beziehungsarbeit. Immerhin erinnern sich beide noch daran, wie sie sich im Tauchurlaub in Ägypten kennen- und lieben gelernt haben. "Wir hatten eine harmonische Unterwasser-Beziehung", schwärmt Valentin. Und Joana seufzt: "Wir hätten nie auftauchen sollen." Das Spiel mit Klischees sorgt für ausgelassene Heiterkeit. Valentin zittert vor therapeutischen Übungen, als säße er doch im Zahnarztstuhl und sieht sich dauerhaft angekettet auf einer Anklagebank. Joana dagegen fühlt sich so ungeliebt wie unverstanden.

Der schwer geforderte Therapeut greift zu verschiedensten Methoden, von der titelgebenden Wunderübung bis zum Rollenspiel. Die für alle Beteiligten außergewöhnliche Therapiesitzung nimmt dabei überraschende Wendungen, inklusive eines verblüffenden Rollentausches. Eine Paartherapie, die beim Premierenpublikum für heitere Begeisterung sorgte.

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